Gerhart BERGER
* 18.09.1981, † 19.09.1987 |
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GEDICHT |
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Ich war 18 Jahre alt, als ich heiratete und mein Sohn Gerhart am 18.9.1981 auf die Welt kam. Wir wohnten auf einem kleinen Bauernhof und mein Mann war Lastkraftwagenfahrer. Das heißt nie zu Hause und alles selbst machen. Ich hatte auch noch meine Schwiegereltern zu pflegen - aber wenn man jung ist, geht ja alles …
Im Mai 1987 starb mein Schwiegervater, im Juni meine Schwiegermutter und am 19.9.1987, 1 Tag nach seinem Geburtstag, kam mein Sohn Gerhart bei einem Unfall uns Leben.
Er war in die Streuwalze eines Miststreuers geraten. Seine Wunden waren nicht sehr groß, aber schlimm. Er ist an inneren Blutungen gestorben. Die Rettung kam nach einer Ewigkeit und sie haben Gerhart mitgenommen. Ich musste alleine zuhause bleiben, weil mein Mann mit der Rettung mitgefahren war. Ich musste sogar selbst nach Kirchdorf ins Krankenhaus fahren, um meinen Mann abzuholen. Ich kann nicht mehr genau sagen, wie ich mit dem Auto gefahren bin aber als wir wieder zu Hause waren stand mein Mann mit einem Arzt vor der Tür und mein Vater war auch da, denn ich hatte ihn vorher noch angerufen. Claudia hat noch immer geschlafen – sie hatte nichts mitbekommen. Hilfe von außen (KIT o.ä.) gab es nicht. Mir hat meine Familie sehr geholfen, besonders meine Schwestern.
1988 bekam ich noch einen Sohn: Andreas. Er ist sehr feinfühlig und sensibel. Als er größer wurde machte er uns den Vorwurf, dass er nur auf der Welt sei, weil sein Bruder gestorben war. Es war eine sehr schlimme Zeit! Mittlerweile ist er 23 Jahre alt und besucht wöchentlich das Grab seines Bruders und pflegt dieses mit sehr viel Liebe.
Claudia hatte dann das Problem, dass sie mit ca. 10 Jahren nicht mehr in die Kirche gehen konnte. Sie drehte dabei völlig durch. Sie wollte immer bei ihrem Bruder sein und ihn wiedersehen. Es gelang ihr aber nicht, sich an ihn zu erinnern, obwohl sie dies so sehr wollte! Als sie älter wurde, habe ich ihr viel erzählt und wir haben gemeinsam geweint. Später machte sie ein paar Balancen, welche ihr sehr geholfen haben. Aber ich glaube, Claudia wird nie aufhören, ihn zu suchen.
Nach so langer Zeit habe ich einige Menschen getroffen, die dieses Schicksal mit mir teilen – jeder auf seine Weise. Bei der Trauergruppe ist mir klar geworden, dass ich vieles verdrängt habe. Was mir am meisten Probleme bereitet, ist, dass ich mich von meinem Sohn nicht verabschieden konnte und ihn nicht mehr in meine Arme nehmen konnte, bis es genug war und die traurige Gewissheit, dies nie wieder tun zu können.
Ich denke mir immer, man kann seine Kinder nicht genug in den Armen halten weil man nie weiß, wie lange es uns gibt.
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